Cannabis-Prohibition: Göttinger „Blumenkinder“ treiben Polizei in den Wahnsinn

Stellt euch vor, in eurer Stadt sprießen an jeder Straßenecke Cannabispflanzen aus dem Boden. Ob nun an Verkehrsinseln, in öffentlichen Parks, auf privaten Balkonen, in Schrebergärten oder einfach am Straßenrand. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? In der niedersächsischen Universitätsstadt Göttingen ist das seit einigen Jahren regelmäßig Realität. Göttingen hat aber nicht etwa eigenmächtig den Cannabis-Anbau legalisiert. Vielmehr treibt eine kleine Guerilla-Gruppe, die sich „Einige Autonome Blumenkinder“ nennt, die örtliche Polizei mittlerweile in den Wahnsinn.

20 Kilogramm Cannabissamen in Göttingen verteilt

Unter dem Motto „Legalize it! Ärgert die Behörden, bis sie aufhören, uns zu ärgern“, stemmen sich einige Cannabis-Aktivisten aus Göttingen seit Jahren gegen die Cannabis-Prohibition. Die Gruppe „Einige Autonome Blumenkinder“ säht dazu regelmäßig große Mengen an Cannabissamen überall im Stadtgebiet aus. Nachdem die Organisation erstmals in den Jahren 2013 und 2014 groß Reden von sich gemacht hat, wiederholen sie diese Guerilla-Aktionen jedes Jahr meist mehrfach.

Aus einem „Bekennerschreiben“ der „Gras-Guerilla“ geht hervor, dass die „Blumenkinder“ allein in diesem Jahr über 20 Kilogramm an Samen in der Erde verbuddelt haben. Cannabis-Insider wissen, was das heißt: Überall in Göttingen sprießen im Sommer unzählige vorwitzige Cannabis-Pflanzen aus dem Boden. Die Jugendorganisation der Grünen („Grüne Jugend“) regte die Göttinger nun dazu an, die Pflanzen im Rahmen eines Fotowettbewerbs zu fotografieren, bevor sie die Behörden entfernen.

Göttinger Beamte machen den Don Quichotte

Die Göttinger Polizei kann über diese „Gaudi“ der Guerillas gar nicht lachen. Bereits in den vergangenen Jahren waren etliche Beamte damit beschäftigt, die wild wuchernden Cannabispflanzen im Stadtgebiet zu beseitigen. Allerdings gleicht die Aktion einem Kampf gegen Windmühlen, da die Pflanzen nahezu überall aus dem Boden sprießen.

Mittlerweile versucht man gar, mit Hilfe der Fotos, die die Grüne Jugend veröffentlicht, die Standorte der Pflanzen ausfindig zu machen. Da dort wichtige Meta-Daten wie die Geo-Tags entfernt wurden, ist das aber gar nicht so einfach. Und so werden die Göttinger Beamten auch diesen Sommer wieder Gras-Pflanzen ummähen, diese trocknen, den THC-Gehalt bestimmen und etliche Anzeigen gegen Unbekannt schreiben.

Mute Legalisierung nach dem Vorbild Kanadas

Die Botschaft der „Blumenkinder“, mit denen sich mittlerweile auch die Grüne Jugend solidarisiert hat, ist klar: Man fordert die vollkommene Legalisierung von Cannabis und die Entkriminalisierung der Konsumenten. Zudem möchte man der Öffentlichkeit mit den jährlichen Pflanzaktionen den Irrsinn der aktuellen Prohibitions-Politik vor Augen führen.

Immerhin ist der Aufwand für die Suche und die Entfernung der Cannabis-Pflanzen immens. Demnach spiegelt dieser Umstand die Ressourcenbindung von Polizei und Justiz im Rahmen der Cannabis-Prohibition wider, wobei das Verbot der Pflanze in keinem Verhältnis zu deren Gefahrenpotenzial steht. Schließlich sei das Gefahrenpotenzial von legalen Drogen wie Tabak und Alkohol deutlich höher, so die Grüne Jugend auf Nachfrage des Göttinger Tageblatts.

Darüber hinaus sei die Kriminalisierung „absurd“ und „realitätsfern“, denn das Kiffen gehöre für viele Menschen bereits zum Alltag, so ein Vertreter der Grünen Jugend weiter. Langfristig möchte man mit der Aktion die „Trippelschritt-Politik“ in Deutschland beenden und für eine mutige Legalisierung nach dem Modell Kanadas kämpfen.

Göttinger Aktion treibt Blüten

Seit dem erstmaligen Auftreten der Blumenkinder hat das Modell bereits in der ganzen Republik Schule gemacht. Schon im Jahr 2015 berichtete das Magazin „Vice“ über Nachahmer aus Berlin, die am Kottbusser Tor über Nacht über 700 Cannabis-Pflanzen aus dem Boden sprießen ließen. Wer sich für die diesjährigen „Blüten“ aus Göttingen interessiert, wird auf dem Twitter-Kanal der Grünen Jugend Göttingen unter dem Hashtag #PotCityGoe fündig.